Gamshamnida heißt Danke
Über ein Gastspiel des TPZ Brixen in Südkorea
In der Zeit von 28. Juli bis zum 6. August war die Theaterwerkstatt RAINBOW des Theaterpädagogischen Zentrums Brixen auf großer Fahrt und zwar nahmen die sechs ausgewählten Spieler*innen des TPZ am Pohang Bada International Amateur Theatre Festival in Südkorea teil.
Pohang ist eine Stadt im Südosten des Landes, am Meer gelegen, ein ehemaliges Fischerdorf, das sich durch die Einrichtung einer Schnellzuglinie innerhalb kürzester Zeit zu einer Stadt von über 500.000 Einwohnern gemausert hat. Trotzdem ist es Provinz. „Wer in Pohang lebt, schafft es nicht in Seoul“, so Anna Kim, die Organisatorin des Festivals und an diesem Image hat die Stadt zu knabbern. Für ein Amateurtheaterfestival ist Pohang jedoch mehr als geeignet. Die historische Altstadt hat sich zu einem Künstlerviertel entwickelt und verfügt über eine Fußgängerzone, in der allabendlich ein Nightmarket mit koreanischen Köstlichkeiten stattfindet – rund um ein künstliches Bächlein, das sich durch die Straße schlängelt. Es treten K-Pop-Tänzer auf, Ausstellungen finden statt, der hohe Stellenwert der Literatur manifestiert sich in einer architektonisch interessanten Bibliothek und mit dem Pohang Bada International Theatre Festival kriegt auch das Theater seinen Platz. Obwohl das Theater in asiatischen Ländern eher ein Schattendasein lebt, wird das Festival und das Amateurtheater überhaupt in Südkorea gut von der Regierung unterstützt. Natürlich nicht ohne politischen Hintergedanken, denn durch das Theater kann man emotional auf Menschen einwirken und das tut die südkoreanische Regierung ganz bewusst. „Die jungen Menschen lassen sich auf keine Beziehungen mehr ein. Sie wollen nur noch als Single leben, keine Familien mehr gründen“, erzählt Anna Kim, „Gleichzeitig ist Südkorea eines der Länder mit der höchsten Selbstmordrate. Aufgabe des Theaters, des Films und der Literatur ist es demnach, Lust auf Beziehung zu machen, Liebe und Partnerschaft als etwas darzustellen, das erstrebenswert ist.“ Auch kommerzielle Pop-Gruppen wie zum Beispiel BTS, die mittlerweile auch bei uns eine starke Fanbase haben, richten ihre Songs nach diesen Werten aus – und werden dafür vom Staat gestützt.
Für die Mitglieder der Theaterwerkstatt RAINBOW war es spannend, solche Hintergründe über das Land zu erfahren und damit auch einen der Gründe zu kennen, aus denen man zu dem Festival eingeladen worden war. Mit „Romeo & Julia – REDUX“ ging es ja genau um die schönste und gleichzeitig traurigste Liebesbeziehung aller Zeiten und die Reaktionen, die das Stück des Theaterpädagogischen Zentrums Brixen bei seinem koreanischen Publikum hervorrief war aus diesem Blinkwinkel noch einmal berührender. Nach der Vorstellung baten viele Zuschauer um ein gemeinsames Foto mit den Darstellern, sogar kleine Geschenke wurden überreicht und die Theaterspieler*innen mit Komplimenten überhäuft, sodass sie sich ein bisschen wie wirkliche Stars fühlten. Auch von den internationalen Teilnehmern, die aus Deutschland, Spanien, Litauen und Vietnam stammten, wurde das Stück gut aufgenommen. Besonders Rob van Genechten, Präsident des Internationalen Amateurtheaterverbands IATA, zeigte sich begeistert und versprach, auf anderen internationalen Festivals für das Theaterpädagogische Zentrum Brixen zu werben.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass eine Gruppe an einem internationalen Theaterfestival teilnehmen darf. Meistens gibt eine lange Schlange von Bewerbern, die alle die Festivalauflagen mehr oder weniger erfüllen und das Festivalteam wählt aufgrund der eingereichten Fotos und Videos die Aufführung aus, die ihnen am geeignetsten erscheint. Das Stück „Romeo und Julia – REDUX“ ist eine beinahe nonverbale Version des bekannten Shakespeare-Klassikers. Die Schauspieler*innen erzählen die Geschichte in überzeichneten Charakteren à la Commedia dell’Arte und benutzen dabei beinahe nur die Namen der Figuren der Geschichte. Aus diesem Grund ist das Stück international verständlich und wurde für das Pohang Bada Festival ausgewählt. Für das Theaterpädagogische Zentrum Brixen ist so ein Festival immer eine gute Gelegenheit, die eigene Arbeit zu hinterfragen, Neues zu sehen und Inspiration für die weitere Arbeit zu bekommen. Viel mehr als bei einer Urlaubsreise kommt man mit Land und Leuten in Kontakt, taucht tief ein in die Kultur, isst traditionelles Essen, lernt etwas über die aktuelle politische Lage in dem Land, in dem man sich befindet und nicht zuletzt entstehen auf so einem Festival immer Freundschaften oder Anlässe zur weiteren Zusammenarbeit mit neuen Gruppen. So hat das TPZ Brixen auch diesmal wieder einen ganzen Rucksack an Ideen mit nach Südtirol gebracht – mal sehen, was davon auch verwirklicht werden kann.
Artikel zum Pohang Bada International Amateur Theatre Festival - natürlich in koreanischer Schrift.