Nach dem Festival ist vor dem Festival

Vier Tage voller Jugendtheater hat das Theaterpädagogische Zentrum Brixen hinter sich, dreizehn Jugendtheatergruppen aus acht Ländern, Workshops, eine Fachkonferenz für Jugendtheater und vieles mehr … Ein Rückblick auf das Internationale Treffen für Jugendtheater Sapperlot.

Sapperlot heißt es alle zwei Jahre im Theaterpädagogischen Zentrum Brixen – nämlich dann, wenn die Brixner Sozialgenossenschaft zum internationalen Jugendtheatertreffen Sapperlot einlädt. Trotz der unsicheren Zeiten folgten in diesem Jahr sieben Jugendtheatergruppen aus dem Ausland der Einladung und traten in diesem Festival mit den sechs Theaterwerkstätten aus dem Theaterpädagogischen Zentrum Brixen in Austausch.  

 

Das Festival

Es war eine aufregende, inspirierende Zeit, ein Wirbel an Aktivitäten, Emotionen, der die Jugendlichen und die begleitenden Erwachsenen in eine Art Rausch versetzte. Eine Aufführung folgte auf die nächste, dazwischen fanden andere Aktionen statt – einige davon für die Öffentlichkeit, die meisten für die Festivalgruppe. Eine offene Bühne, ein Spieleabend, an dem die Jugendlichen des TPZ Brixen ihren Gästen ihre Lieblingstheaterspiele beibrachten, ein World-Market, bei dem typische Mitbringsel aus den einzelnen Ländern getauscht wurden, eine Festivalzeitung, die von einem kleinen Team aus dem TPZ erarbeitet wurde und ein Flashmob mit allen 150 Jugendlichen des Festivals, der in der Altstadt von Brixen zu Aufführung kam, waren nur einige Bestandteile des Festivals.

In Workshops zeigten die Leiter:innen der teilnehmenden Gruppen, wie bei ihnen gearbeitet wird. Die Jugendlichen lernten neue Theatertechniken und Varianten der ihnen bekannten Spiele und Übungen kennen und entwickelten ein Verständnis dafür, dass Theater mehr ist als eine Aneinanderreihung von Textzeilen. Es war schön zu sehen, wie innerhalb kürzester Zeit Szenen entstanden, in denen die Teilnehmenden in mehreren Sprachen miteinander kommunizierten, auch wenn sie die Sprache ihrer Mitspielenden nicht verstanden, und wie der Succus der Szene auch von den Zuschauenden ohne Schwierigkeiten erfasst wurde.

 

Die Stücke

Genau so war es bei den Aufführungen, die in der jeweiligen Muttersprache der Gruppen passierten. Egal, ob es sich um Collagen, existierende Dramen oder Eigenproduktionen handelte – alle Theaterstücke waren sehr visuell und bestachen durch authentisches Spiel und oftmals sehr poetische Bilder. Die wunderbaren Darbietungen wurden vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Gleich von der ersten Auffühung en – „Einfach Grace“ der Theaterwerkstatt ZINNOBER aus dem TPZ Brixen – gab es Standig Ovations und diese Wertschätzung für die Arbeit der anderen zog sich durch das ganze Festival durch, was den einzelnen Gruppen Flügel verlieh und sie zu Höchstleistungen anspornte.

 

Fachkonferenz für Jugendtheater

In der Fachkonferenz für Jugendtheater, die von dem Experten für Jugendtheater Kevin Dowsett aus England geleitet wurde, wurden die einzelnen Stücke besprochen. Als Kompetenzzentrum für Theaterpädagogik war es den Organisatoren des Festivals, dem TPZ Brixen, wichtig, auch über Methodik und die pädagogische Ausrichtung der teilnehmenden Gruppen zu sprechen. So machte die Vorgangsweise in der Erarbeitung der einzelnen Stücke einen Großteil der Diskussion aus und die unterschiedliche Herangehensweise und pädagogische Ausrichtung wurde deutlich - vor allem zwischen Jugendtheatergruppen aus Osteuropa und aus Westeuropa. Technisch perfekt ausgeführte und nur unter Einhaltung von viel Disziplin erarbeitete Theaterstücke auf der einen Seite standen partizipativ entwickelten Produktionen gegenüber und es war spannend, zu sehen, dass die Spielleiter:innen auch den unterschiedlichen Herangehensweisen mit viel Wertschätzung und Respekt begegneten.

 

Nachhaltigkeit – keine leeren Worte

Eine der häufigsten Fragen, die die Organisatoren vor dem Festival in Interviews beantworten durften war: Warum macht man so etwas? Die Antwort ist: Ein Jugendtheaterfestival dieser Art ist eine sehr nachhaltige Form von Theaterarbeit bzw. von pädagogischer Arbeit überhaupt. Nach beinahe 30 Jahren Erfahrung in der Ausrichtung von Festivals (das erste Theaterfestival organisierte das Team des TPZ Brixen im Jahr 1994) wissen wir: Die Teilnahme an einem Theaterfestival ist eine Erfahrung, die einen Menschen ein ganzes Leben lang begleitet, motiviert und inspiriert.

Durch die Vielseitigkeit der Aufführungen entwickeln die Jugendlichen Offenheit für andere Formen des Theaters, erfahren Wertschätzung für die eigene Arbeit und entwickeln Vertrauen in die eigenen schauspielerischen Fähigkeiten und die der Gruppe und entwickeln eine künstlerisch-ästhetisch Kompetenz, die sie nicht entwickeln würden, sähen sie nur das, was sie in der eigenen Region zu sehen bekommen. In dem Sinne ist so ein Festival bereits nachhaltig.

Nachhaltig ist aber auch der emotionale und soziale Aspekt. So war es für uns keine Überraschung, dass etliche unserer ehemaligen Spieler:innen zum Festival kamen, um ihre „alten“ Freunde zu sehen, die sie selbst bei einem Festival kennengelernt hatten. Die Leiter der belgischen und tschechischen Gruppen waren als Jugendliche bei früheren Auflagen des Internationalen Treffens für Jugendtheater Sapperlot mit dabei. Katie Quinn, eine Schauspielerin aus den USA kam als Workshopleiterin zum Sapperlot zurück, an dem sie vier Jahre zuvor als Spielerin teilgenommen hatte. Und so könnten wir hier noch mehrere Beispiele aufzählen. Fakt ist: Ein Festival bildet Freundschaften über Landes- und kontinentale Grenzen hinweg und ist in diesem Sinne nicht nur ästhetische Erziehung, sondern vor allem eines: Erziehung zum Frieden.

Für uns mehr als ein Grund, solche Festivals zu organisieren – auch weiterhin.

An dem Morgen, an dem die meisten teilnehmenden Gruppen Brixen wieder verließen, schlüpften die Organisatoren auch aus ihren Festival-T-Shirts. Zufall oder nicht: Zwei von ihnen trugen das T-Shirt des Kindertheaterfestivals Hollawind, das im Jahr 2019 stattfand – als letztes Festival vor der Pandemie. Zufall? Nein, denn mit Abschluss der organisatorischen Arbeiten für das Internationale Treffen für Jugendtheater Sapperlot beginnt nämlich die Planung für das Internationale Kindertheaterfestival Hollawind, das im Frühjahr 2023 stattfinden wird. Nach dem Festival ist vor dem Festival.

Doch bevor wir das nächste Festival organisieren, möchten wir danken!

Allen Sponsoren, allen Unterstützern, allen Helfern. Den allergrößten Applaus haben sich aber unsere Spielerinnen und unsere Gasteltern! Ohne euch wäre so ein Festival nicht durchführbar! Ohne die über 30 Gastfamilien wäre Sapperlot nicht finanzierbar, ohne eure engagierte Hilfe, eure Begeisterung und eure Bereitschaft, so viele Arbeiten zu übernehmen, gäbe es Sapperlot nicht. Daher ein riesengroßes

Danke!

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Lieblingsort TPZ - Was wir aus dem Jugendprozess gelernt haben

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Festival Fever ... A novel for everybody who loves our Sapperlot-festival